Deutscher Widerstand gegen polnische Atomkraft-Pläne

Während Deutschland im letzten Jahr den Ausstieg aus der Kernkraft nun endgültig beschlossen hat, plant Polen mit einer wahren Offensive in die Atomkraftnutzung einzusteigen. Dies gab die polnische Regierung in den letzten Wochen bekannt. Bis 2020 sei mindestens ein Atomkraftwerk an der polnischen Ostseeküste in der Nähe Danzigs geplant. Jedoch stoßen die Pläne nicht nur im benachbarten Brandenburg auf regen Protest.

Text: Andreas Lilienthal   Fotos: dpa

Gdańsk| Der genaue Standort sei zwar noch nicht beschlossen, doch mindestens drei Küstenorte stehen laut PGE-Konzernchef Tomasz Zadroga zur Auswahl. Es handle sich dabei um Zarnowiec, Gaski Choczewo und Choczewo. In spätestens zwei Jahren solle der genaue Ort feststehen und die Planungen abgeschlossen sein. Eine Ausschreibung des Projektes ist in vollem Gange.

PGE ist zurzeit der größte polnische Energiekonzern, doch ein eigenes Atomkraftwerk besitzt Polen bislang noch nicht. Der bisherige Energiebedarf des Landes wird zu 94 % mittels Kohlekraftwerken gewonnen. Das Interesse an dem polnischen Atomkraft-Projekt ist nicht zuletzt aufgrund wirtschaftlicher Gründe immens , mehrere internationale Konsortien haben bereits Investitionswilligkeit bekundet. Unter anderem die US-japanische Gruppe Westinghouse Electric Company LLC, das US-japanische Konsortium GE Hitachi Nuclear Energy Americas sowie das französische Großunternehmen Areva. Bei der Investitionssumme und gleichzeitig Kosten des Projektes soll es sich laut polnischen Medien um etwa hundert Milliarden Zloty (rund 22,2 Milliarden Euro) handeln.

Der polnische Premier Donald Tusk greift mit dem Vorhaben Pläne auf, mit denen 1989 die Kommunisten gescheitert waren. Damals war der Bau eines Kernkraftwerks bei Zarnowiec westlich von Danzig schon weit gediehen. Bürgerrechtler konnten den Bau jedoch noch durch das Blockieren der Zufahrtsstraßen mit Traktoren und das Ketten an Eisenbahngleisen verhindern. Tadeusz Mazowiecki, der erste nicht kommunistische Regierungschef des Ostblocks, gab das Projekt schließlich auf.

Die polnische Regierung möchte mit dem Vorhaben eine Energie-Unabhängigkeit erreichen, welche bis mindestens 2030 gesichert sein soll. Doch nun wächst der Unmut im benachbarten Deutschland. In der vergangen Woche haben laut der Nachrichtenagentur dpa mehr als 50.000 Bundesbürger Protestschreiben, Einwendungen und Stellungnahmen an die polnische Regierung in Warschau gerichtet. Etwa 25 deutsche Atomkraftgegner übergaben die gesammelten Protestschreiben der polnischen Botschaft in Berlin. Der polnische Botschafter sicherte zu, den Unmut ernst zu nehmen und die Unterschriften und Schreiben an die zuständige Behörde in Warschau weiterzuleiten.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz sowie das Münchner Umweltinstitut beteiligten sich an der brandenburgischen Protestaktion. Auch seien weitere Demonstrationen und Aktionen gegen den geplanten Bau in der polnischen Ostseeregion vorgesehen. Des Weiteren sei auch ein deutsch-polnisches Protestcamp im Odergebiet geplant , verriet Axel Heinzel-Berndt, Naturschutzreferent des BUND Brandenburg der Nachrichtenagentur dpa.

Sarkozy unterstützt desweilen die Bestrebungen Polens nach einer Atomkraftnutzung. Für Polen sei es enorm wichtig in Sachen Energieversorgung unabhängig zu werden. Außerdem können Polen nur so die geforderten EU-Quoten für Treibhausgasemissionen einhalten, die mit der bisherigen Energiegewinnung durch Kohlekraftwerken unmöglich zu erreichen seien. Ob jedoch die Planungen weiterhin so schnell voranschreiten und die geplante Umsetzung bis 2020 überhaupt abgeschlossen sein kann, bleibt abzuwarten.


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