Angriff der Angst – Ein Kommentar zu den Anschlägen in Paris
Wie viele anderen Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung schaute ich am Freitagabend Fußball, in der Hoffnung, bei einem Bier ein paar tolle Stunden mit meinen Freunden zu verbringen. Doch als die ersten Detonationen im Fernsehen zu hören waren und der Kommentator berichtete, was keiner, aber wirklich keiner, zu denken im Stande war, trat eine Fassungslosigkeit bei mir und im weiten Saal der Kneipe ein, wie ich es persönlich bis dato nur vom 11. September kannte.
Text: Andreas Lilienthal | Fotos: AP
Die Terror-Anschläge in Paris sorgen natürlich weltweit für Entsetzen, Schrecken und Angst. 129 Menschen haben bei Explosionen, Schießereien und einer Geiselnahme ihr Leben verloren. Sie wurden brutal und grausam getötet. Es sind die blutigsten Attacken auf Europa seit den Anschlägen in Madrid im Jahr 2004.
Noch ist wenig bekannt über die Attentäter von Paris. Weiterhin gibt es kaum Erkenntnisse über die Gruppe dieser Mörder. Junge Männer, wahrscheinlich um die 25 Jahre alt und anscheinend wohl Kämpfer des IS. Doch eins wissen wir leider ganz genau: Die feigen Anschläge von Paris galten uns allen. Insbesondere den Dingen, die uns wichtiger sind als alles andere! Unseren Werten und unserer Freiheit.
Die Anschlagsorte wurden ganz bewusst gewählt. Und zwar nicht nur, um möglichst viele Opfer zu haben, sondern um in unseren Alltag einzudringen. Ein Fußballspiel, ein Restaurant, ein Konzert. Dinge, die Menschen allwöchentlich besuchen, um Spaß zu haben, Freunde zu treffen und eine unbeschwerte Zeit zu genießen. Doch all das werden wir in den nächsten Monaten wohl mit äußerst gemischten Gefühlen bestreiten. Niemand soll sich mehr sicher fühlen.
Und das haben Sie bereits geschafft. In Paris bleiben in den nächsten Monaten die Museen zu, die Bibliotheken geschlossen und die Schwimmbäder gesperrt. Die Bürgermeisterin von Paris Anne Hidalgo hat die Bevölkerung aufgefordert, in ihren Wohnungen und Häusern zu bleiben. Die Freiheit des öffentlichen Raums in Paris ist, zumindest vorerst, stark eingeschränkt.
Die Terroristen wollen Angst schüren und unsere Gesellschaft mit ihren perfiden Attentaten vergiften. Und leider haben sie damit auch noch Erfolg. Hetzautoren, Spinner und Idioten jedwelcher Couleur geben bereits ihren Senf zur Situation dazu und fordern drastische Maßnahmen. Sie fordern härtere Grenzkontrollen, beschimpfen die Regierung und ernten für ihre grenzdebilen Posts auch noch reichlich Applaus.
Selbst manchen Politikern sind die Ereignisse der letzten Tage nicht zu perfide, um sie instrumentalisieren und politisch auszuschlachten. Obwohl, wie schon erwähnt, noch keiner etwas Genaues über die Attentäter weiß, hat CSU-Mann Söder bereits die passende Antwort parat und weiß, was zu tun ist. „#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen“, postete der wahrscheinlich nächste Ministerpräsident Bayerns 13:35 Uhr am gestrigen Samstag auf seinen Twitter-Account.
JA, wir dürfen Angst haben, aber nicht das Gift der Attentäter weiter tragen – sonst machen wir uns zu Handlangern des Terrors. Wir müssen weiterhin oder besser gesagt gerade jetzt menschlich bleiben und dürfen keine Gruppen unter Generalverdacht stellen, sonst haben wir verloren und genau die Menschen, die uns dieses Leid bescheren, werden ihren Sieg davontragen.
:: Ein Kommentar zu den Anschlägen von Paris von Andreas Lilienthal