Schauspieler Björn von der Wellen im Gespräch
Die Kunst einer Vielfalt – Rudolf Fernau sagte einst über den Beruf des Schauspielers: „Schauspieler kommen direkt in den Himmel, weil sie das Fegefeuer schon auf Erden erlebt haben.“ Wir trafen einen Schauspieler der schon alle Facetten seines Berufes erlebt hat und uns erzählt warum es für ihn keinen schöneren gibt!
Text: Isabell Redelstorff, Fotos: Pressefoto Björn von der Wellen
Ganz eindeutig, stehen bleiben möchte er nicht. Dabei ist er jedoch kein komplizierter Quergeist, der sich unnahbar gibt und seine – zugegebenermaßen – sehr hübsche Nase in die Wolken steckt. Im Gegenteil, beim Anruf noch hastig den freundlichen Satz: „Es tut mir leid, ich rufe in zehn Minuten zurück,“ und schon klingelt wenige Zeit später das Telefon. Mit der einfachen aber wirksamen Vorstellung: „Hallo, ich bin Björn!“, hat er jede Sympathie gewonnen.
Björn Wer?
Der Mann mit dem wuschelbraunen Haar und einem ab und an zu sehenden Drei-Tage-Bart nennt sich mit vollem Namen Björn von der Wellen, ein Theater- und Filmschauspieler, der bei seiner Kunst nicht nur bereit ist seine Eitelkeit aus dem Fenster zu werfen, sondern gleich auch noch jeden Muskel anspannt, um vor Schauspiellust nicht umzufallen. Im Gespräch ist sofort klar, er ist einer von uns, jemand, der von Zweifeln geplagt erst spät verstand, dass nicht nur sein Herz, sondern auch sein Verstand der Bühne gehören. Was ihm noch fehlte war der Mut, dieses kleine Stückchen Überwindung, das ab und zu entscheidend ist, ob wir nur wünschen oder doch handeln. Manchmal braucht es dann ein dominanten Schubser, kein bösen Tritt, aber eben doch ein klares Wort, das uns erklärt – Wenn nicht so, dann eben nichts! – Der Schauspieler hatte das Glück und so erzählt er davon, wie er vor Zeiten in Berlin ankam und überlegte, was genau er denn jetzt machen wolle. Den Wunsch von einem Schauspielstudium besaß er bereits des Längeren, aber getraut habe er sich nicht. Da traf er auf eine Physiotherapeutin, die ihm bei einem Wiedersehen fast ein Ultimatum stellte und für ihn festlegte, er solle gefälligst diese blöden Bewerbungen abschicken – gehört – gesagt – getan!
Und welch ein Glück für alle diejenigen, welche Gefallen an seinem Spiel finden, wurde er prompt am Europäischen Theaterinstiut angenommen, während zwei seiner Freunde, denen er mehr Chancen einräumte, abgelehnt wurden. So gilt es eigentlich heute noch, diese besagte Physiotherapeutin ausfindig zu machen und ihr mit einem netten Schulterklopfen freundlich zu danken.
„Aufgeregt und glücklich bin ich gewesen“, sagt von der Wellen und während er davon spricht, scheint es fast als könne man ein leichtes Lächeln vernehmen.
Seit diesen Tagen ist viel passiert und was vor allem auffällt: Er probiert sich nur zu gerne aus. So war er Ensemblemitglied des Improvisationstheaters die Gorillaz und spielte in zahlreichen Theaterproduktionen, unter anderem Weißt du, wer Mr.Pink kennt?, Das Lied vom Ja-Sager, Dantons Tod, Die Geschichten vom blauen Planeten und Woyzeck.
Wenn er auf der Bühne steht, ist er absolut präsent, da sind seine weit aufgerissenen Augen nur die Spitze des Eisberges – nennen wir es spielerische Aufklärung, ohne dabei mögliche Unklarheiten unbedingt beseitigen zu wollen. Warum auch? Eben genau diesen gilt es gespannt zu begegnen.
„Es ist das Körperliche“, was ihn am Theater reizt, „du spielst größer, mit mehr Kraft und richtest den Fokus auf dich“, beschreibt er weiterhin sein energetisches Spiel am Theater. Seiner Verantwortung bewusst, „habe ich zwei Wochen vor einer Premiere nichts anderes mehr im Kopf“ und die Proben während einer Produktion sind dabei sein Training. So klingt es fast wie Rock’n’Roll, wenn er mit Begeisterung von schweißtreibender Körperlichkeit während der Arbeit an einer Produktion spricht.
Es ist aber nicht nur das Theater, es sind auch kleine Filmprojekte, die an dem charismatischen Schauspieler nicht spurlos vorbeiziehen und dabei doch eher ein kleineres Publikum ansprechen, im Vergleich zu dem im Kino laufenden Unterhaltungsgenre á la Mann mit Muskeln sucht Frau mit Liebreiz.
Die Liste der Kurzfilme, in denen er spielte, ist lang und abwechslungsreich, aber genau dieses Filmgenre ermöglicht es, wie von der Wellen erklärt, „sich weiter zu entwickeln und vieles zu lernen.“
„Natürlich möchte ich Kinofilme drehen“, gibt er eindeutig zu verstehen und wie heuchlerisch wäre es anzunehmen, ein kreativer Mann mit Gespür für die kleinen Details müsste kein Geld verdienen. Aber Kurzfilme liegen ihm am Herzen und neben dem kunstvollen Aspekt nutzt er die kleinen Gelegenheiten als Vorbereitung, ohne dabei auch nur einmal abschätzig zu werden.
Und wenn sich eine Möglichkeit bietet, dann sollte sie am Schopf gepackt werden und schon übernimmt Björn von der Wellen 2010 die One-man-show in dem Musikvideo „Halte durch“ von Xavier Naidoo. Eine düstere Darstellung mit einem spärlich bekleideten von der Wellen, der nicht nur aufzeigt, dass er wandelbar ist, sondern auch gleich noch seine Widerstandskraft unter Beweis stellt. Während des 22 Stunden Drehs in einer alten Lagerhalle mitten im Winter können einem nur bei dem Gedanken daran schon einmal die Zähne klappern, der Schauspieler aber jammert nicht: „Das war ein anstrengender Dreh und leider“, fügt er mit einem Lachen hinzu, „hatte ich nicht viel an.“ Fragt man ihn nach dem Warum, antwortet er ganz pragmatisch: „ich mochte einfach das Lied und die Geschichte, die erzählt wird“. Klare Sache, er entscheidet aus dem Bauch heraus, aber doch mit Bedacht, „man hat ja diesen Ehrgeiz“ und eben dieser zwingt den Schauspieler zu einer angebrachten Ernsthaftigkeit.
Im gleichen Jahr spielte er an der Seite von August Diehl und Alexander Fehling eine Nebenrolle in dem Kinofilm Wer wenn nicht wir?, ein politisches Drama, das versucht die Vorgeschichte des deutschen Terrorismus der RAF zu beleuchten oder wenigstens an der Oberfläche zu kratzen.
Hat ihn diese Zusammenarbeit irgendwie beeinflusst?
Nach einem kurzen Schweigen verneint von der Wellen, wenn auch zögerlich: „Dafür war kaum Zeit, ich hatte nur zwei Drehtage und diese Zeitspanne ist zu kurz für einen beeinflussenden Prozess, aber trotzdem war es eine gute Sache.“
Björn von der Wellen möchte weiter, er konzentriert sich auf sein eigenes Theaterprojekt – Iwanow von Anton Pawlowitch Tchechow soll es werden und nebenbei wird er weiterhin Kurzfilme drehen . Dabei vergisst er nicht, was ihm besonders am Herzen liegt, nämlich seine Tätigkeit bei der Jugendserie Schloss Einstein, „ich habe einen guten Draht zu Kindern und darüber hinaus ist die Arbeit mit ihnen wirklich spannend, sie haben ihre ganz eigene Art der spielerischen Umsetzung und das macht mir einfach unglaublich viel Spaß.“
Er ist zufrieden, sagt er, auch wenn es natürlich immer noch ein Stückchen besser gehen könnte, ist der Schauspieler dankbar für die bisher gebotenen Möglichkeiten. „Ich möchte immer noch mehr lernen und nicht aufhören“, ein berufliches Weiterkommen ist ihm wichtig, aber auf das Gefühl „gebraucht zu werden“, möchte er nicht verzichten. Seine Tonlage verändert sich, er spricht leiser: „Wenn es stagniert, muss ich wohl aufhören“. Da ist er wieder, dieser Ehrgeiz.
So unvermittelt, dass man den Schauspieler am liebsten auf ein Bier einladen würde, um dann gleich seinem Ehrgeiz über den Buckel zu streichen mit den Worten: Wer den klangvollen Namen von der Wellen trägt, muss einfach nur spielen!