Interview mit Bastian Reiber und Luise Audersch

Was bedeutet Sucht in der heutigen Gesellschaft? – Mit dieser und anderen Fragen beschäftigt sich Das Schauspielensemble in der Inszenierung „Der Spieler“.

Der SpielerText: Laura Kapitza, Fotos: Nilz Boehme

Magdeburg| Schon mit „Schuld und Sühne“ wagte der Regisseur und Schauspieldirektor Jan Jochymski sich an ein Werk von Fjodor Dostojewski. Am kommenden Samstag findet die Premiere im Schauspielhaus Magdeburg statt. Für diesen Anlass hat Youngspeech-Reporterin Laura mit den Schauspielern Bastian Reiber und Luise Audersch, die die Figuren Alexej und Polina verkörpern, zwischen den Proben gesprochen.

Ihr steckt zurzeit in den Proben zum Stück „Der Spieler“. Wie laufen die Proben?

Bastian Reiber: Wir sind jetzt in der heißen Phase. 5 Wochen lang haben wir schon geprobt und die letzte steht nun an. Das Ergebnis wird man dann am Samstag zur Premiere sehen. Man kann schlecht erzählen, wie die Proben laufen, wenn man noch mitten im Prozess steckt. Aber es waren intensive Proben, die gut gelaufen sind. Dadurch, dass die Szenen schon feststanden, konnte man gleich loslegen und Konflikte finden und austragen.

Luise Audersch: Die besondere Situation war, dass kein Spielbetrieb herrschte. Somit konnten wir von morgens bis abends proben und alle Darsteller waren anwesend, was ziemlich geil ist. Durch diese Ruhe und dem fertigen Bühnenbild war eine konzentrierte Arbeit möglich.

Luise, du bist seit der Spielzeit 2011/2012 neu am Theater Magdeburg. Wie wurdest du vom bestehenden Ensemble aufgenommen?

Luise Audersch: Ich hatte ja das Glück, schon im April bei einer Aufführung gastieren zu dürfen, wodurch ich schon das Magdeburger Ensemble kennenlernte. Das war ganz gut, weil ich dadurch nicht die Ängste hatte, wie sie Neulinge haben. Das Ensemble hat sich auch sehr gefreut, ist sehr offen und es herrscht eine super angenehme Stimmung. Ich finde es super, dass alle einfach Lust haben etwas zu machen!

Bastian, du spieltest 2009 den Studenten in „Schuld und Sühne“. Jetzt verkörperst du den Hauslehrer Aleksej im aktuellen Stück. Wie sieht dein Bezug zu Dostojewski aus?

Bastian Reiber: Die Rollen habe ich mir leider nicht selber ausgesucht, sondern wurden mir zugeschrieben. Ich bin also von Berufswegen her an Dostojewski herangekommen. Trotzdem finde ich beide Romane von ihm sehr packend, da er ein philosophischer Autor ist, der sich mit Themen auseinandersetzt, die einen selbst beschäftigen. Aber Dostojewski ist eine Person, die nach dem „Was wäre wenn?“-Prinzip weiterdenkt. In seinen Werken stellt er provokante Fragen, die aber nicht wirklich aus der Luft gegriffen sind.
„Der Spieler“ ist ein ja ein autobiografisches Werk, in das Dostojewski die ganzen Konflikte einfließen lässt, die er selbst in sich trägt – das finde ich sehr reizvoll.

Spielsucht ist ein Hauptthema in Dostojewksis Roman, an die er selber litt. Wie steht ihr persönlich zur Sucht allgemein?

Bastian Reiber: Sucht ist etwas, was in verschiedenen Formen auftauchen kann: Kaffee-, Alkohol-, Nikotinsucht, Sucht nach Bestätigung oder Eifersucht. Wer von sich behauptet, nicht süchtig zu sein, verleugnet das eigentlich, denn die Sucht ist ein Teil des Lebens.

Luise Audersch: Für mich ist Sucht ein Ausdruck von etwas, was einem fehlt. Wenn einem das Gefühl der Liebe fehlt, sucht diese Person das in einer Sucht, weshalb man Sucht auch als eine Art Ersatzbefriedigung ansehen kann. Wir suchen in der Sucht nach etwas, was uns bestätigt bzw. wo wir das ausleben können, was wir woanders unterdrücken müssen. Dies merke ich auch an meiner Rolle und genau das fasziniert mich sehr. Beim Roulette erlebt man das Wechselspiel vom großen Gewinn und tiefen Fall, das es so im wahren Leben nicht gibt. Vielleicht braucht der Mensch einfach dieses Chaos, die existentielle Ängste, das Gefühl des Getriebenseins. Das erlebt man aber auch bei anderen Suchtformen.

Der SpielerSucht man als Schauspieler zwischen seiner Person und seiner Rolle Parallelen?

Luise Audersch: Ich finde, dass sich so was immer ergibt. Ich setze mich da nicht hin und überlege, wie es in meinem Leben nun aussieht. Man ist aber für das Thema sensibilisiert und geht damit durch seinen Alltag und achtet darauf, wie sich die eigene Person verhält.

Bastian Reiber: Dem stimme ich zu. Wenn meine Rolle des Alexej eifersüchtig ist auf Polina, die Luise verkörpert, dann muss ich mich nicht lange mit diesem Gefühl auseinandersetzen, da ich selber die Eifersucht in tausend verschiedenen Momenten erlebt habe. Ich weiß also, wie man sich in dieser Situation fühlt und kann es wunderbar nutzen. Man muss die Eifersucht dann nur zulassen und sich der hingeben und dann ist man auch auf einmal total eifersüchtig. Diese schlechten, schlimmen Gefühle sind dann doch für etwas gut – wie für die Arbeit (lacht).

Luise Audersch: Wir haben mit unseren Kollegen zusammen ein Casino besucht und wollten somit die Szenerie nachempfinden. Es war spannend, das real mitzuerleben, wie sich die eigene Person am Roulette-Tisch verhält.

Was macht ihr eigentlich, wenn das Stück zu Ende ist und der Vorhang fällt?

Bastian Reiber: Ich bin unmittelbar nach dem Spielen unangenehm aufgekratzt und weiß nicht, mit mir etwas anzufangen. Meist hänge ich nach einer Aufführung mit den Kollegen zusammen, denen es genauso geht wie mir. Vor allem nach Premieren, aber auch nach normalen Aufführungen, brauche ich dann 2 bis 3 Stunden um tatsächlich herunterzukommen.

Luise Audersch: Mir geht es so ähnlich. Gerade jetzt in der letzten Woche sind die Proben ernster geworden und ein neuer Druck ist jetzt da: Alles muss jetzt stimmen und auf dem Punkt gebracht werden. Nach einer Premiere muss man erst einmal wieder in den Normalzustand kommen.

Warum lohnt es sich „Der Spieler“ im Schauspielhaus Magdeburg zu besuchen?

Bastian Reiber: „Der Spieler“ ist ein bekanntes Werk von Dostojewksi, der ein kluger Autor ist, einen berührt und Themen anspricht, die einen beschäftigen. Sicher sollte man aber auch das Stück besuchen, weil das Ensemble versucht, aufs Ganze zu gehen. Man kann knapp 2h Menschen dabei zusehen, wie sie um ihr Leben spielen.

Luise Audersch: Dazu kann ich nichts mehr hinzufügen (lacht).

Viele Dank für das Interview!

 


 


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