Schriftsteller Kurt Fricke im Interview

Im Februar veröffentlichte Dr. Kurt Fricke seinen zweiten Kurzgeschichtenband Im Untergrund. Den Leser erwarten fiese, pointierte Storys versetzt mit einer leichten Prise Bukowski. Zudem erweist sich Fricke als vielseitiger Autor, der gleich mehrere Genres bedient. Youngspeech sprach mit ihm über sein neues Buch, das Schreiben und seiner Lesung auf der Leipziger Buchmesse.

SpielbetriebText: Dominik Grittner   Fotos: Mitteldeutscher Verlag

Halle| Sie sind hauptberuflich Lektor für Fach- und Sachbücher im Mitteldeutschen Verlag. Ist der ständige Umgang mit Wörtern ein Anreiz, selbst Geschichten zu schreiben?

Eigentlich nicht. Die Geschichten entwickeln sich sozusagen aus meinem privaten Umfeld, aus der Belletristik, die ich mag und die mich beeinflusst, aus den Erlebnissen, die ich selbst habe oder denen ich in meinem Bekannten- und Freundeskreis begegne. Allerdings hilft mir der tagtägliche Umgang mit Texten beim Redigieren meiner Storys, auch beim Abstandnehmen und der kritischen Selbstreflexion.

Ihre Geschichten spielen teils im Krimi-Genre, beinhalten phantastische Elemente und bedienen auch das Science-Fiction-Publikum. Warum ist Ihnen eine solche Bandbreite wichtig?

Das ist weniger eine bewusste Auswahl unter dem Ziel, möglichst viele Themen und Genres zu bedienen. Ich bin allgemein an sehr vielen Dingen interessiert und lese auch selbst die unterschiedlichsten Sachen. Zu meinen Lieblingsautoren zählt etwa William Kotzwinkle, der ebenfalls sehr viele Themenfelder abdeckt und sich dabei jeweils eigner stilistischer Mittel bedient.

In „Im Untergrund“ geht es um Verbrechen, Mord und Drogen. Ist Halle da so ein heißes Pflaster?

Ich hoffe nicht! Nein, die Geschichten sind ja nicht in Halle angesiedelt, haben häufig gar keine speziellen Handlungsorte. Ich spiele eben gern mit Erwartungshaltungen und lasse meine Protagonisten dabei in Extremsituationen geraten. In solchen Situationen kann man sich nicht raushalten, an die Seite stellen, dort muss man sich entscheiden. So soll es auch dem Leser gehen, er soll über sich nachdenken können, über das, was er möglicherweise in ähnlichen Situationen tun würde. Es sind aber nicht alle Storys so angelegt, häufig ist es reine Fabulierlust, die Idee einer starken Pointe, die mich antreibt.

Die Kurzgeschichte ist eine Literaturgattung, der im deutschsprachigen Raum nicht sehr viel Beachtung geschenkt wird. Was finden Sie an ihr attraktiver als an einen Roman?

FrankensteinIch bin literarisch sehr von der modernen US-amerikanischen Belletristik geprägt. Dort führen Kurzgeschichten und Romane ja ein recht harmonisches Miteinander. Kurz, ich mag beide Gattungen, Kurzgeschichten sind in der Regel pointierter, während man im Roman einzelne Figuren und Handlungsstränge besser ausarbeiten kann. Dass ich bisher nur Kurzgeschichten geschrieben habe, hat letztlich mit meinem Zeitmanagement zu tun. Eine Kurzgeschichte kann ich in vier, fünf Stunden in der Erstfassung niederschreiben. Das geht also auch mal nach Feierabend. Bei einem Roman ist es schwierig, nebenberuflich dranzubleiben, den Faden nicht zu verlieren und, vor allem, das Sprachgefühl. Nichtsdestotrotz habe ich eine Geschichte angefangen, von der ich dachte, es würde eine Short Story werden, die sich aber allem Anschein nach zu etwas Längerem entwickelt.

Sie lesen am Samstag auf der Literaturparty Sputnik Litpop auf der Leipziger Buchmesse. Warum, glauben Sie, sind Ihre Geschichten für die Popgeneration interessant?

Ich denke, das jüngere Publikum spricht vor allem die Rasanz, die Doppeldeutigkeit und der Humor in vielen der Storys an. Interessanterweise habe ich aus meinem Umfeld sehr positive Reaktionen aus allen Altersgruppen – von vierzehn bis sechzig – erhalten. Möglicherweise rührt das von der am Anfang genannten großen Bandbreite der Geschichten her. Wie man auf einem guten Album seine Lieblingssongs hat, kann man sicher auch in meinen Büchern seine Lieblingsstorys finden und damit insgesamt zu einem wohlwollenden Urteil gelangen.

Kurt Fricke: Im Untergrund, 143 Seiten, Mitteldeutscher Verlag



1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (13 Stimmen, durchschnittlich: 3,77 von 5)
Loading...

You may also like...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.