Orientalisches Jubiläum

Nicht nur als Telemannliebhaber konnte man am Samstag einer Premiere der ganz besonderen Art beiwohnen. Telemanns Oper Miriways wurde seit über 250 Jahren nicht mehr szenisch aufgeführt. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Magdeburger Telemann-Festtage war die auch vom Stoff her exotische Oper Teil des Programms.

SpielbetriebText: Daniel Jakubowski   Fotos: Nilz Böhme

Magdeburg| Fürst Miriways aus Afghanistan hat Persien unterworfen. Nun gilt es, den Thron zu besetzen. Miriways Wahl fällt auf Sophi, den Sohn des abgesetzten persischen Shahs. Damit dieser seinen Regierungssitz antreten kann, soll er jedoch vorher eine Ehe mit einer passenden Gemahlin eingehen, die von Miriways bestimmt wurde. Das widerstrebt dem jungen Sophi, da er in Bemira verliebt ist. Um die Gunst von deren vermeintlicher Schwester Nisibis buhlen gleich zwei Männer – Zemir und Murzah. Nachdem Murzah den intriganten Zemir entlarven kann und Bemira sich als uneheliche Tochter von Miriways entpuppt, finden beide Paare zueinander und Miriways sichert auf diese Weise seine Machtstellung.

Aus zeitgenössischer Sicht war das Thema von Miriways ein Novum. Die Handlung spielt nur einige Jahre vor Erscheinen des Werks. Die Geschehnisse im fernen Persien waren zur damaligen Zeit auch in Deutschland bekannt und wurden in der Presse behandelt. Der Handlungsrahmen basiert somit auf historischen Tatsachen, während die doppelte Liebesgeschichte, der eigentliche Dreh- und Angelpunkt, frei erfunden ist.

Die Kulisse besteht aus mehreren stilisierten, grellbunten orientalischen Teppichen, die hintereinander aufgebaut und in der Mitte verschieden ausgeschnitten sind. Vor und hinter der Szene werden zu verschiedenen Zeitpunkten über die ganze Bühnenbreite reichende Gitter heruntergelassen. Diese Begrenzung dient der Veranschaulichung von Nähe und Distanz zwischen den Figuren. Einen besonderen Effekt erzeugt die Feuerszene, in der ein Teppich mit Brandloch heruntergelassen wird, hinter dem Rauch und Licht die dramatische Szene untermalen.

Unter der Leitung von Michi Gaigg erklingen die schönen Melodien der historischen Instrumente – mit orientalischem Einschlag. Nisibis (Gabriele Hierdeis) und Bemira (Julie Martin du Theil) spielen zwei schüchterne, aber fordernde junge Frauen mit angenehmen Sopranstimmen. Stefan Zenkl als Murzah hat gesanglich zunächst Startschwierigkeiten, zeigt dann aber seine schöne Stimmfarbe. Murzahs Schwester Samischa (Ida Aldrian) spielt eine adorable Dame mit einem klaren Mezzosopran. Susanne Drexl als Zemir hat ein schweres Los gezogen – sie trägt ein albernes Kostüm und wird durch die Treibjagd über die Bühne zudem lächerlich gemacht. Stimmlich steht die Mezzosopranistin etwas zurück. Ideal besetzt sind Miriways mit dem kräftigen Bariton von Markus Volpert und Sophi durch Ulrike Hofbauers wohlklingenden Sopran. Bühnen- und Kostümbildner Markus Meyer hat mit farblicher Paarung die Zusammengehörigkeit der Protagonisten angedeutet: Samischa und Miriways in schwarz-rot, Sophi und Bemira in weiß, Murzah und Nisibis in blau – der Außenstehende Zemir trägt grün.

FrankensteinLeider hatte die Aufführung eine entscheidende Schwäche, die man aber nur bedingt den Machern zuschreiben kann. Durch die sehr begrenzte Handlung hat Regisseur Jakob Peters-Messer vor allem während der im Barock üblichen langen, sich wiederholenden Arien szenische Abläufe auf die Bühne gebracht, die allzu klamaukig wirken, wohl aber für die Auflockerung des Bühnengeschehens gedacht waren. Ein Leopard jagt Zemir über die Bühne, trinkt mit dem Diener Whiskey und raucht Zigarre, ein Gesandter wird mit einem Pferdekopf bekleidet über die Bühne gescheucht. Man muss allerdings einräumen: Tatsächlich sorgten diese Elemente zuweilen für Humor und konnten über die der Partitur eigenen Längen im Stück hinweg helfen.

Der historische Moment ist gelungen. Auch wenn es deutlich geworden ist, warum diese Oper nicht zu den Dauerbrennern unter den Barockopern avancieren wird, hat die Kooperation des Magdeburger Theaters mit dem Barockorchester L’Orfeo und den 21. Magdeburger Telemann-Festtagen einen schönen (und eben sehr bunten) Abend gezeigt. An manchen Stellen sind die witzig gemeinten szenischen Darstellungen etwas überbordend, zumal das Werk neben Telemanns komischen Opern als ernsthaft gilt. Musikalisch und optisch kann die Inszenierung jedoch durchaus als Genuss gelten.



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