Neues Enthüllungsbuch – Hitlers heimliche Helfer
»Hitlers heimliche Helfer« – Das neue Buch von Karina Urbach
Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus überraschen, 71 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes, in der Regel nicht mehr mit großen historischen Sensationen und neuen Erkenntnissen. Doch nun hat die Historikern Karina Urbach mit »Hitlers heimliche Helfer« ein Werk verfasst, das durchaus hohe Wellen schlägt und einem großen Mythos ein Ende bereitet.
Text: Andreas Lilienthal | Fotos: Theiss Verlag & Bundesarchiv, Bild 183-S38324/ CC-BY-SA
Seit vielen Jahrzehnten ist die Forschung sich einige, dass das Dritte Reich ohne die Person Hitler unmöglich gewesen wäre. Doch die Machtergreifung und der Mythos Hitler wäre andererseits kaum ohne seine zahlreichen willigen Helfer ebenfalls undenkbar gewesen wäre.
Hitlers Helfer wurden in endlosen Werken personifiziert und charakterisiert. Die Paladine namens Goebbels, Speer, Göring, Dönitz und wie sie alle heißen, prägten das ausführende Gesicht der Schreckensherrschaft der Nazis. Neben diesen Nazigrößen gab es jedoch noch eine weitere Gruppe von Menschen, die sich, vor allem in den Jahren der Machtergreifung, bereitwillig in den Dienst des späteren Diktators und seiner Partei gestellt haben.
Der Mythos des Widerstands
Seit Jahren wird die Position des deutschen Adels vor und während der Zeit des NS-Regimes diskutiert und beleuchtet. Bisher hat sich jedoch ein Mythos hartnäckig gehalten. Insbesondere der Adel soll sich vom proletarischen Emporkömmling Hitler ferngehalten haben. Im Gegensatz zu vielen Industriellen und Unternehmern, die ihren Führer gern unterstützt haben. Die Vertreter des Adels hingegen, dem viele hochrangige Offiziere der Wehrmacht entstammten behaupteten stets, nur aus deutschem Pflichtbewusstsein am Krieg teilgenommen zu haben, doch das Regime zu jeder Zeit verachtet zu haben.
Als Beweis dieses Mythos werden gern die Widerstandskämpfer des 20. Juli, um den adeligen Wehrmachtsoffizier Claus Graf von Stauffenberg, angeführt.
In ihrem neuen Werk »Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienste der Macht« führt sie nicht nur die Gründe an, warum ausgerechnet der Adel bereitwillig zum Aufstieg Hitlers beigetragen hat, sondern sie nennt die Helfer auch beim Namen.
Was erhoffte sich der Adel?
Der Stand des Adels hatte in der Zeit der Weimarer Republik und unter der Lenkung der Sozialdemokraten stark gelitten. Deshalb erhoffte sich die Adeligen von der neuen Führung eine vermeintlich neue politische Bedeutung. Viele erhofften sich Ämter im neuen Kabinett und damit ein neues starkes Standing in der Politik. Andere hegten die Hoffnung, dass die Monarchie wieder eine Chance bekäme. Außerdem hatten die Nazis und der Adel einen gemeinsamen Feind: den Bolschewismus.
Das Netzwerk des Adels wusste Hitler geschickt auszunutzen. Familiäre Kontakte, angeheiratete Beziehungen und politische Verstrickungen aus Kaiserzeiten öffneten dem Führer diplomatische Türen, um insbesondere seine Bestrebungen in der territorialen Ausbreitung voranzutreiben.
Karina Urbach bezeichnet die Adeligen deshalb in ihrem Buch auch als sogenannte Schattendiplomaten, da ihre Rolle und ihr Vorgehen im Dienste des Staates für die Allgemeinheit unbemerkt und ungeachtet blieben.
Eine Prinzessin für Hitler
Stephanie von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (1891-1972) war für Hitler eine besonders wichtige Helferin. Sie führte laut Urbach vor dem Zustandekommen des Münchner Abkommens direkte Gespräche mit dem damaligen britischen Außenminister Lord Halifax, um eine gütliche Einigung im Fall der Abtretung des Sudentenlandes an Deutschland zu erwirken.
Für ihre staatsdienliche Einmischung verlieh ihr Adolf Hitler 1938 persönlich das goldene Ehrenabzeichen der Partei, was sie trotz ihrer jüdischen Herkunft zur Ehrenarierin ernannte, was damals in Hitlers Dunstkreis für Empörung sorgte. Stephanie von Hohenlohe nutze auch weiterhin ihre internationalen Beziehungen aus, vor allem zu hochrangigen Nazi-Sympathisantinnen in England, wo sie Ehrenmitglied in der Englisch-Deutschen Kameradschaft wurde.
Ein Enkel der Queen als SA-Mitglied
Auch die Rolle Carl Eduards, Herzog von Coburg, der ein Enkel Königin Victorias und SA-Mitglied war, wird eingehend beleuchtet. Er hat Hitler die Türen zur englischen Upperclass geöffnet. Von 1935 an war er Präsident der Deutsch-Englischen Gesellschaft und hat auf Hitlers Wunsch bei den Verhandlungen zum deutsch-britischen Flottenabkommen hinter den Kulissen mitgewirkt. Auch während der Rheinlandkrise 1936 und besonders bei den Verhandlungen vor dem Münchner Abkommen 1938 hat Hitler ihn als inoffiziellen Verbindungsmann eingesetzt.
Insbesondere der anerzogene Verhaltenskodex verpflichtete, laut Urbach, den Adel dazu, sich in den Dienst des Landes zu stellen. Dabei macht sie jedoch wichtige Unterschiede aus.
Denn Adel ist nicht gleich Adel. Es gab Unterschiede zwischen dem katholischen und dem protestantischen Adel. Während sich der katholische Adel eher am kaiserlichen Hof der Habsburger in Wien orientierte, hielt der protestantische Adel zur royalen Familie in London fest.
Noch heute nicht alle Ungereimtheiten geklärt
Seit Jahren forscht Karina Urbach, Historikern an der University of London, an den Beziehungen der englischen Königsfamilie zu ihren deutschen Verwandten und ihren politischen Verflechtungen und Einstellung während der Zeit des NS-Regimes. Doch das Thema scheint immer noch heikel zu sein, nicht ohne Grund sind die königlichen Archive auf unabsehbare Zeit gesperrt.
Auch die Adelsarchive sind kaum einsehbar. Doch das der Hochadel schon immer politische Allianzen für Könige, Kaiser und Diktatoren geschmiedet haben, ist aus heutiger Sicht unbestritten.
Karina Urbach bringt mit »Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienste der Macht« ein weiteres Stück Licht ins Dunkel der adeligen Machenschaften Europas. Mit ihrem Buch führt sie eingehende Beispiele an und ebnet damit den Weg für weitere Forschungen.
Hitlers heimliche Helfer: Der Adel im Dienst der Macht
Autorin: Karina Urbach;
Theiss Verlag – WBG 2016;
464 Seiten, 29,95 Euro;
ISBN: 978-3806233834
:: Mehr Informationen unter http://www.wbg-verlage.de
Ich verfolge die Arbeit von Frau Urbach schon seit einiger Zeit und finde es sehr interessant, was sie schriebt. Aber ganz ehrlich, inwieweit sind die Forschungsergebnisse neu? Bei Carl Eduards, Herzog von Coburg wusste man seine Nazivergangenheit doch schon länger und Stephanie von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst wurde sogar als die Spionin Hitlers bezeichnet!
Bin gespannt, welche Ergebnisse die Öffnung der Archive ans Licht bringt!
Obwohl eben diese Namen bereits bekannt waren, hält sich der Adel fern von Ihrem Verhalten oder dem Verhalten Ihrer Vorfahren! Bin gespannt, ob sich jemand zu diesem Buch äußert!