Chuck Palahniuk – Diva

Ein früheres Hollywood-Starlett will sich nicht damit abfinden, dass es Falten und graue Haare bekommt. Das Wohlfühlrezept: Einen jungen Mann angeln. Nur dumm, dass der das tödliche Karriereende der Diva plant.

Text: Dominik Grittner  Fotos: Manhattan Verlag

Magdeburg| Kann man es einem renommierten Schriftsteller übel nehmen, wenn er ein Experiment wagt und scheitert? In seinem neuen Buch lässt Chuck Palahniuk (Fight Club) seine schriftstellerische Exzentrik klar dominieren: Eingeteilt in Szenen und Akten ist Diva ein Mix aus Regieanweisungen und Ich-Erzählung. Auf jeder Seite strotzt es nur so von Namen der Hollywoodstars, Produktmarken und Schlagwörtern, die auch noch dick hervorgehoben sind. Zugegeben: Die Idee hinter der Vielzahl von Namen ist originell und sozialanalytisch interessant. Laut eigener Aussage wollte Palahniuk zeigen, wie sich unsere Sprache und Gesellschaft durch kulturelle Verweise konstituiert. Leider hängt dem Leser dieser Stil spätestens nach 50 Seiten zum Halse raus.

Die Geschichte gerät dadurch einige Male ins Hintertreffen, wird nur langsam erzählt. Der Plot: Hazie Coogan, die Erzählerin, ist die All-around-Assistentin der Diva Miss Kathie. Sie plant das berufliche Leben ihrer Chefin genauso wie das private. Miss Kathie ist so sehr auf den Erhalt ihrer Karriere fixiert, dass sie nicht merkt, wie viele schlechte Menschen sich um sie scharen, die ihr Karriereende herbeiwirken wollen. Stattdessen droht sich die mittlerweile achte Hochzeit der Diva an. Mit dem Gigolo Webster Carlton Westward III.

„Jeder größere Verlag in Amerika hat ein Buch in der Schublade, den Vorschuss hat bereits jemand kassiert, irgendein angenehmer junger Mensch, ein gutaussehender, liebenswürdiger Zuhörer, der ein paar Restaurantabende zur Enthüllungsbiographie über irgendeinen Filmstar zusammengebastelt hatte und bloß noch die Todesursache brauchte, um das letzte Kapitel abzuschließen“. Diese Biographie hat Westward III. bereits geschrieben – inklusive Todesursache. Und das kann Hazie natürlich nicht zulassen.

Diva kommt etwas soapartig daher, die Charaktere sind überraschend farblos. Palahniuk gibt sich zu viel Mühe mit der äußeren Form und verzichtet zu sehr auf das, womit wir ihn lieb gewonnen haben: die Prise Trash, den schwarzen Humor, die anarchistisch-philosophischen Einwürfe. An wenigen Stellen lässt Palahniuk seine Genialität aufblitzen, gerade zum Ende des Romans. Aber ein Buch mit einigen guten Momenten ist wie ein Sandwich, bei dem nur die Sauce schmeckt.

Kann man Palahniuk nun böse sein? Dafür, dass er neue Wege gehen wollte und sich verirrt hat? „Der Mensch irrt, solang er strebt“ heißt es in Faust. Beiseite packen, vergessen und auf den nächsten Palahniuk warten.

Chuck Palahniuk: Diva, übersetzt von Werner Schmitz, 224 Seiten, Goldmann Manhattan


 


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