“Nicht mehr feilen, passt schon, punkt.“
Hier hilft kein Kulturpessimismus: Cros Debütalbum Raop ist gelungen, weil es Spaß macht.
Text: Daniel Jakubowski Foto: Delia Baum
Magdeburg| Der Junge ist in aller Munde – und nicht erst, seit sein Album Raop tatsächlich zur Nr.1 in den Albumcharts geworden ist. Wenn im Pressetext Jan Delay zitiert wird, der Cro, mit bürgerlichem Namen Carlo, als neue Galionsfigur des deutschen HipHop bezeichnet haben soll, ist das etwas hochtrabend. Denn der Erfolg des jungen Stuttgarters lässt sich vermutlich auf einen simplen Nenner bringen: Cro hat schlicht den richtigen Ton getroffen.
Anhand des Titels verspricht Cro mit seiner Musik eine Mischung aus Pop- und Rapmusik – Raop eben. Die Auslegung einer solchen Symbiose lässt sich kaum objektivieren. Das Album liefert jedoch tatsächlich eine Palette an pop-tauglichen Beats, die angenehm frisch und unkompliziert gestaltet sind. Cro benutzt Samples und melodische Verweise auf Klassiker der Popmusik. Das beginnt in Easy, in dem er gegen Ende die Melodie von Boney M’s Sunny anklingen lässt, oder nimmt klare Formen an, wenn The Passenger von Iggy Pop als Sample den Beat von Wir waren hier charakterisiert. Ansonsten: Simple Basslines unterlegt mit lockeren Instrumentenloops und Synthiesounds, dazu immer eine Prise Elektropop. Nun, mit diesem Sound hat er weder Rap noch Pop neu erfunden. Nein, Cro hat mit seinem Album vielmehr den Spaß an der Musik (endlich) wieder in den Mittelpunkt gerückt. In Zeiten von Rappern, oder zumindest solchen, die sich selbst so nennen, die vor allem auf düstere Atmosphäre, schlechte Artikulation und um Fäkalausdrücke konstruierte Texte setzen, transportiert dieses Album eine geradezu lustvolle Stimmung.
Tatsächlich das Erbe im deutschen Rap anzutreten ist für Cro eine Nummer zu groß und es lohnt sich kaum, darüber zu diskutieren. In seinen Texten fordert er das aber auch nicht. Hier trifft man auf ein reduziertes Maß an Storytelling, viel Wortakrobatik und auch hier – ich wiederhole mich – Lust am Reimen. Die letzten Worte seines Intros bringen Cros Selbstverständnis gut auf den Punkt: „Nicht mehr feilen, passt schon, punkt.“ Es klingt gut und das reicht aus. Meistens: Denn an einigen Stellen hätte er sich das „Scheiß auf Majors“-Gerede (King of Raop) verkneifen können. Gelegentlich geht dadurch Technik und Raffinesse zugunsten von Phono- und Phraseologie unter.
Das Cro’sche Konzept ist stimmig. Er produziert Ohrwürmer, rappt und singt abwechselnd ein bisschen – und verbreitet im Wesentlichen gute Laune. Sicher, es ließe sich recht einfach nachweisen, dass den Texten der Tiefgang fehlt, den Beats die Innovation, ja, möglicherweise könnte dem Jungen aus Stuttgart sogar fehlende Credibility vorwerfen. Es wird sich zeigen, ob der vermeintliche Emporkömmling in der HipHop-Szene Fuß fassen kann, wie viel Können und Kreativität wirklich unter der Pandamaske steckt. Doch Mainstream hin oder her, bis dahin ist der geneigte Konsument gut beraten, Cros Motto zu folgen. Also: Nicht mehr grübeln, anhören, genießen, punkt.