Ein dunkelbuntes Wochenende – M´era Luna Festival 2014
Während andernorts die Badehandtücher und Picknickdecken ausgerollte wurden, war es auf dem Flughafen Hildesheim-Drispenstedt wieder an der Zeit die Corsagen und Stiefel enger zu schnüren.
Text: Philipp Wegner & Matthias Piekacz | Fotos: Matthias Piekacz
Wieder war ein Jahr vergangen und das M´era Luna Festival 2014 eröffnete erneut seine Pforten für die schwarz bekleideten Massen. Schon auf dem Parkplatz wurde klar, dass es in diesem Jahr so voll werden sollte wie noch nie. Zusätzlich zu den zwei üblichen Parkplätzen wurde ein dritter eröffnet. Dieser befand sich leider weit abseits von Camping- und Festivalgelände, so dass die Besucher die erst später anreisen konnten einen ziemlich weiten Fußmarsch auf sich nehmen mussten um zu ihren Zelten zu gelangen. Doch war dieser erst einmal geschafft war es dank der Fastlane und einem zügigen Einlassmanagement ein leichtes sein Festivalbändchen zu bekommen.
Der Campingbereich war wie gewohnt großzügig gehalten, so dass jeder einen mehr oder weniger guten Zeltplatz ergattern konnte. Nachdem das Zelt aufgebaut und das eigene Hab und Gut verstaut war, wurde es Zeit den großen Mittelaltermarkt des Festivals zu erkunden. Dort gab es wie in jedem Jahr einiges an Unterhaltung. Kleinere Mittelalterbands, Gaukler und Feuerschlucker stimmten das Festival bereits am Freitag gebührend ein, was von den Besuchern wie immer dankend angenommen wurde, bevor im Klang der Dudelsäcke nach und nach alle in ihren Kojen verschwanden.
Nachdem am nächsten Morgen der große Andrang auf das Gelände überwunden war, fiel der Blick auf das bunte Treiben auf dem Festivalgelände. Leute in teils skurrilen Kostümen schlenderten vorbei an einer Vielzahl an Ständen mit Speisen und Getränken, szenetypischer Bekleidung, dem üblichen Bandmerchandise und allerlei Kuriositäten. Einige Besucher waren bereits vollbepackt mit Tüten auf dem Rückweg zum Zelt.
Nach einem kleinen Rundgang über das Gelände wanderte der Blick direkt auf die Mainstage, eine der beiden Bühnen, die sich gegen den blauen Himmel erhob. Dort wurde der Samstag in alter Tradition von den Gewinnern des M´era Luna Newcomer Wettbewerbs eröffnet. Diese waren in diesem Jahr Aeverium und lieferten mit ihrer kräftigen und melodischen Rockshow einen wunderbaren Einstieg in den Festivalsamstag. Auch auf der zweiten Bühne im Hangar, auf der die eher elektronisch angehauchten Bands ihr Podium fanden, ging es bereits früh heiß her. Bands wie Chrom und Solitary Experiments sorgten mit satten Beats und hämmernden Bässen dafür dass dem Publikum die Luft weg blieb.
Erst kürzlich wiedervereinigt, betraten Neuroticfish zur Nachmittagsstunde die Bühne und wussten mit ihrem brillantem Future-Pop beim Publikum zu punkten. Da durften die alten Hits wie The Bomb, Velocity und natürlich auch Wake me up nicht fehlen. Den frühen Abend erfüllten ASPs Zaubererbrüder mit wohligen, akustischen Klängen. Die Geschichte des Zauberlehrlings Krabat, frei nach Ottfried Preußler, begleitet vom Geigenspiel von Ally the Fiddle und weiteren Gastmusikern, zog das Publikum vor der Mainstage sofort in ihren Bann. Viele Bands hatten es in den vergangenen Jahren schwer, die mit einer reinen Akustikshow die Mainstage bespielten, so leider auch ASP. An der Show war zwar nichts auszusetzen, passt jedoch besser in die Konzerthallen des Landes.
Weiter ging es mit Subway to Sally, die mit ihrer neuen Show rund um einen eingezäunten Eric Fish begeistern konnten. Die Folk Metaller brachten das Publikum mit einer Mischung aus altbekannten und neuen Songs in Tanz- und Feierlaune. So gesellten sich Wenn Engel hassen und Unterm Galgen zu Warte, warte und Schwarze Seide. Im Anschluss war es an der Zeit für einen der Mainacts des Festivals. Nach 13 Jahren M´era Luna Abstinenz fiel der Vorhang für Schockrocker Marilyn Manson und sofort war sein Publikum am Maximum. Da reihten sich Hits wie Angel with the scabbed wings, vom Debütalbum Antichrist Superstar, an das Depeche Mode Cover Personal Jesus. Leider wich der Euphorie relativ schnell die Ernüchterung, da Glam und Schock von einst nur selten aufflackerten. Was blieb war eine solide Rockshow ohne nennenswerte Höhen oder Tiefen. Die echten Manson-Fans störte das wenig und so wurde in den vorderen Reihen weiter lauthals gefeiert.
Nach dem Auftritt verstreute sich zunächst die Menge. Den einen Teil zog es in den Hangar, in dem die Norweger von Combichrist den Boden zum Beben brachten. Mit ihrer Mischung aus Aggrotech und Industrial konnten sie auch die bewegungsfaulsten Besucher antreiben und zum Tanzen bewegen. Der andere Teil verblieb vor der Mainstage und wartete auf den Headliner des Tages, Within Temptaion. Die Niederländer sorgten mit einer ungewöhnlichen und fantastischen Bühnenshow, viel Licht-, Laser- und Pyrotechnik für einen gelungenen Abschluss des ersten Tages. Die Glasklare Stimme von Sängerin Sharon den Adel zog viele nicht Within Temptation Fans in ihren Bann und so kam der Samstagabend mit Ice Queen zu seinem gebührenden Finale. Natürlich war für viele der Abend noch nicht zu Ende. Wen es nicht in den Disco-Hangar oder auf den Mittelaltermarkt zog, feierte bis in die Morgenstunden auf dem Campingplatz, entlang der Landebahnen.
Als am Sonntagmittag noch nicht jeder aus seinem Zelt geklettert war, stürmten bereits Heimataerde auf die Mainstage. Begleitet von einer Heerschar von Templern präsentierten sie, mit einer Mischung aus mittelalterlichen Klängen und Elektrosounds, ihr neues Album Kaltwaerts. Ziemlich kurz war die Spielzeit, bis man sich mit dem Titelsong Heimataerde vom Publikum verabschiedete. Im Anschluss blieb es rustikal, denn die Mittelalter-Rocker von Feuerschwanz hatten ihre Miezen im Gepäck und sorgten mit einer Vielzahl an Trinkliedern für gute Laune. Nicht immer ganz ernst gemeinte Texte wie Metnotstand im Märchenland oder Hurra Hurra die Pest ist da sorgte für viele glückliche Gesichter und motivierte sicher den ein oder anderen der Schenke auf dem Mittelaltermarkt einen Extrabesuch abzustatten.
Am frühen Abend bezauberten Faun mit gewohnt mystischen Klängen ihre Fans vor der Mainstage. Als direktes Kontrastprogramm machten sich bereits die Mexikaner von Hocico im Hangar warm, um die Hölle über Hildesheim zu entflammen. Leider war es nicht jedem vergönnt dem Spektakel beizuwohnen, da, wie bei so einigen Bands, der Hangar schlichtweg voll war. So standen jedoch einige direkt vor der Halle und verfolgten die Show auf den neuen Videoleinwänden.
Unter freiem Himmel erhoben In Extremo ihre Dudelsäcke zum Himmel und lieferten eine fantastische Show ab. Micha Rhein, der über die Jahre M´era Luna Erfahrungen gesammelt hat wie kaum ein anderer, gab gewohnt Vollgas. Begleitet von jeder Menge Pyroshow, gab es innerhalb von 60 Minuten das Beste aus fast 20 Jahren Bandgeschichte. Gestartet mit Mein rasend Herz (2005) ging es über Zigeunerskat (2011) und Vollmond (2000) zu Feuertaufe (2013) vom aktuellen Album Kunstraub. Betrachtet man die Anzahl der Shows die INEX übers Jahr spielen, könnte man eine Gewisse Routine vermuten, doch weit gefehlt. Spätestens zum Ende des Auftritts gab es zum Gassenhauer Küss mich kein Halten mehr und die Menge tobte.
Für die Fans elektronischer Musik wurde es zum Abschluss des Festivals schwierig sich zu entscheiden, im Hangar spielten Covenant auf und ließen frei nach dem Motto bring your sunglasses, we bring the light ein wahres Lichtgewitter auf das Publikum los. Die Schweden schafften es den Hangar bis auf den letzten Quadratmeter zu füllen und schmetterten mit We stand allone, 20 Hz, Der Leiermann und Dead Stars einen Hit nach dem nächsten in die Nacht.
Die Massen vor der Mainstage warteten bereits begeistert auf And One, den letzten Headliner des Wochenendes. Sind es in der Regel doch eher internationale Szenegrößen, die den obersten Slot im M´era Luna Line Up besetzen dürfen, durften in diesem Jahr die Berliner Bodypoper ihre Chance nutzen. Als ein sichtlich erfreuter Steve Naghavi zu Für die Bühne betrat, war die Menge kaum mehr zu halten. And One bemühten sich um ein Best of aus 25 Jahren Bandgeschichte. Zwischen krachenden Synthie-Pop-Hymnen wie Get you closer gab es die gefühlsgeladenen Nummern wie Sometimes. Der emotionale Höhepunkt war mit Sicherheit die Ballade Unter meiner Uniform vom aktuellen Langspieler Magnet, zu dem der sonst so tänzerische Naghavi, ganz still auf der Bühne verharrte. Auch wenn er nach dem Song wieder bereit für Späße war, merkte man ihm an, dass ihm dieses Lied selbst sehr tief unter die Haut ging. Trommler Joke Jay durfte für Gassenhauer High das Mikrofon und den Frontplatz auf der Bühne ergreifen. Spätestens bei Technoman hat die Band ihre Gefühlsduseligkeiten wieder abgelegt und legte mit Military Fashion Show und Shouts of Joy das große Finale für das M´era Luna 2014 hin und zeigte warum sie eines Festival-Headliners würdig waren.
Nachdem die letzten Töne verklungen waren, zog es die Besucher zurück zu ihren Zelten wo einige von ihnen bereits begannen ihre Sachen zu packen und die Heimreise anzutreten, während andere das Festival noch nicht enden lassen wollten und munter weiter feierten.
Schlussendlich bleibt zu sagen, dass das M´era Luna Festival wie immer ein Heidenspaß war und es für Fans jeglicher Art der dunklen Musik etwas zu sehen und zu hören gab.
:: Mehr Infos zum Festival – www.meraluna.de