Dogtown meets Puffbohnen!
FU MANCHU im HSD (Gewerkschaftshaus) in Erfurt – und plötzlich wünschte man sich ein Brett unter die Füße und die kalifornische Sonne im Gesicht – Die Stonerlegenden ließen Erfurt für einen kurzen Moment zu Dogtown, Kalifornien, werden.
Text: René Lehmann | Fotos: Fabian Benecke
Mal kurz Hände hoch! Wer hat sich früher nicht bei Tony Hawk´s Pro Skater 2 die Finger wund gezockt? Wenn es ein Spiel gab, was wirklich alle gespielt haben, dann war es dieses! Auch der Soundtrack dürfte vielen noch im Kopf hängen. Ich würde fast sagen, er hat meine musikalische Entwicklung mehr als nur geprägt. BAD RELIGIONs You oder SWINGIN UTTERS Five Lessons Learned begleiteten eine ganze Generation durch das Teenager-Dasein. Aber ein Song dieses ‚Soundtracks meines Lebens‘ blieb mir schon immer ganz besonders im Kopf: Evil Eye von FU MANCHU. Fast 14 Jahre später war es nun soweit, diesem Ohrwurm endlich seine wohlverdiente Livenahrung zu geben.
Und Erfurt war dafür genau der richtige Ort. Wo (in Deutschland) könnte man wohl besser ein Stonerrockkonzert genießen als in der Stonerhochburg schlechthin. Gebündelte Musikkompetenz war daher in der Stadt der Puffbohnen, wie die Erfurter liebevoll genannt werden, zu erwarten. Den freudigen Gesichtern der Wartenden vorm Eingang war abzulesen, welch ganz besonderes Ereignis auf sie zukam. Nachdem dann endlich die Türen geöffnet wurden, ging der erste Blick sofort zur Bühne. Die Bühne, oder besser gesagt, das was auf der Bühne stand, zog den Blick auch förmlich magnetisch an. Geballte Power!!! Zwei dicke Marshall Fullstacks und für den schweren Basssound ein Ampeg Fullstack. Eine Wonne für jeden Musikliebhaber! Doch diese sollten noch ein wenig ruhen dürfen.
Zunächst zur Vorband. BLOODNSTUFF machten genau das, was von einer Vorband erwartet wird. Sie brachten die Menge mit ihrem teils sehr melodischen, teils Tritt-in-die-Eier-Postrock zum Tanzen. Das Duo aus Minneanapolis wusste auf jeden Fall zu überzeugen. Besonders, da man von einem Duo meist nicht einen solch massiven Sound erwarten kann. Dieser generierte sich durch etwas, was man nicht alle Tage sieht: der Gitarrist und Sänger Ed Holmberg hatte an seiner Gitarre nicht einen, sondern gleich zwei Ausgänge für den Sound, den er dann durch unterschiedlichste Effekte und Looper in je einen Marshall und einen Fender jagte. Ist mal was ganz anderes und machte Einiges her!!! Es lohnt sich auf jeden Fall, sich diese Band mal zu geben, sowohl live als auch auf Platte.
Doch nun zum Hauptakt. FU MANCHU verkörpern für mich die Zeiten, in denen man sich nur um den nächsten Highscore sorgen musste und sich mit den Kumpels heimlich auf dem Spielplatz traf, um Skatebord fahren zu üben, obwohl Mutti es verboten hat. Und eben genau dieses Gefühl jugendlichen Leichtsinns kam nach den ersten gespielten Tönen wieder in mir auf. Mit breitem Grinsen empfing ich die ersten Riffs, die mich wie ein Truck überrollten. Was für eine Soundwand! Unbeschreiblich! Megafuzziger Stonerrock mit Skatepunk und Surfrock Einflüssen – in etwa so könnte man den Sound der vier Südkalifornier beschreiben. Doch auch Einflüsse von BLACK SABBATH über BLACK FLAG bis hin zu KYUSS und LED ZEPPELIN sind unüberhörbar. Und vom ersten Moment an gab es daher nur eins: Rock nach dem Motto ‚Never touchin´ the brake‘. In einem gefühlten 30 Minuten Konzert, was in Wahrheit anderthalb Stunden dauerte, pfefferten die vier Jungs aus Venice einen Kracher nach dem anderen raus. Das Set war gespickt mit Klassikern wie eben Evil Eye oder King of the Road, Regal Begal, The Falcon has Landed, Hell on Weels und Boogie Van. Doch auch die neuen Sachen vom im April erschienenen Album ‚Gigantoid‘ wurden angespielt.
Gerade hier hörte man besonders heraus, dass sich FU MANCHU seit ihrer Gründung 1987 nicht ein bisschen geändert haben. Die Songs passten wie angegossen in das geschnürte Set. Es gibt sicher viele, die würden sagen, dass FU MANCHU immer gleich klingen. Liebhaber dieser Musik würden wohl eher sagen, sie sind sich treu geblieben. Ich muss sagen, diese Treue im Musikstil war für mich ein absoluter Glücksfall. Ich wollte an diesem Abend keine Band sehen, die sich über die Jahre von einem Stil zum anderen entwickelt hat und dabei die Dynamik und Frische älterer Alben vergessen.
Ich wollte genau diese Band sehen, wie sie vor 14 Jahren auch schon gespielt hat. Denn nur so konnten sie sich ihre jugendliche Power bewahren, die sie zu Legenden gemacht hat und die ich live erleben wollte. Und soweit ich das einschätzen kann, ging es den anderen Besuchern genauso wie mir. Wo bei BLOODNSTUFF noch recht verhalten die Nackenmuskulatur wachgerüttelt wurde, hieß es nun komplett freidrehen. Auch die Band schien vergessen zu haben, dass es für die meisten Mitglieder schon auf die Fünfzig zugeht. Jugendlicher Leichtsinn war an der Tagesordnung – Pogo bis zum Umfallen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Alles in allem kann ich sagen, es war ein wirklich geiler und gelungener Abend! Mit BLOODNSTUFF befindet sich nun eine neue Platte in meiner Sammlung, die dort auch absolut hingehört. Und FU MANCHU haben mich mit ihrer Power für einen kurzen Moment aus meinem Alltag gerissen und mir gezeigt, dass man nicht auf die Bremse treten darf, um sich die Jugendlichkeit im Herzen zu bewahren!
:: Mehr Infos zur Band – http://www.fu-manchu.com/